VERSCHLUNGENE KÖRPER
UND IN SICH VERSUNKENE GESTALTEN
Ausstellung mit Plastiken von Margot Stempel-Lebert und Bildern
von Peter Haese im Künstlergästehaus Gawrisch in Zeiskam
Peter Haeses
"Mädels": nicht nur in der hiesigen Kunstszene sind sie ein Begriff. Sie nehmen es mit jedem For- mat auf, aber selbst das größte schei- nen sie zu sprengen. Zumeist mit ih- rer eigenen Körperlichkeit befasst, konfrontieren sie den Betrachter mit ihren Brüsten und Schenkeln, mit ih- ren vor Anstrengung aufgerissenen Mündern, ja selbst mit jedem einzel- nen Zahn, der durch das Universum dieser Bilder kreist. Denn jeder der in sich selbst verschlungenen Körper auf Haeses Arbeiten hat seltsamerweise et- was Vereinzeltes, irgendwie unheil Disparates, nicht unbedingt nur gerad- linig Fröhliches. Und so drängt sich der Eindruck auf, als ob uns der hefti- ge Maler die Welt bisweilen so richtig um die Ohren klatschen will. Viel- leicht ja auch nur so, wie sie selbst sich ihm permanent darbietet. Nicht an Meditationen und Inner- lichkeit also ist Haese interessiert und auch gewiss nicht an vordergründig glatter Ästhetik: Ganz und gar exis- tent, ganz und gar manifest sind die Wesen, die er malt, und über deren Metaphysik sollte man erst in zweiter Linie nachdenken. Im Künstlergäste- haus Gawrisch in Zeiskam jedenfalls, wo der Künstler zusammen mit der Landauer Bildhauerin Margot Stem- |
pel-Lebert aussteht, wirken s eine farb- und leibesfrohen Bilder so provokativ wie mittlerweile deswegen vertraut, weil sie ein so exakt heutiges Lebens- gefühl transportieren. Und dabei so ungeniert mit Rekordmarken spielen, wie wir selbst es eben doch nicht wa- gen. Beim Sport, beim Sex, ja selbst heim Einkaufen mit der Aldi-Tüte: al- les geschieht in rasender Geschwindig- keit bei hoher Intensität. Selbst der Be- trachter vermeint, besonders schnell gucken zu müssen bei diesem hefti- gen Pinselschlag, bei dieser so vehe- ment unbekümmerten Bild- und Raumaufteilung, die aus den Rahmen drängt. Dabei verleiht Haese seinen "Weibsen" soviel kernige Materialität, daß sie einem schließlich auch in den inneren Blicken hängen bleiben und man sie mit nach Hause nimmt. Jene Wesen auf den Zeichnungen vor al- lem, die in i hrem Zeichenduktus dann doch etwas langsamer sind, Luft holen gleichsam vor den betrachtenden Bli- cken und ihnen Gelegenheit geben, ihre Ganzheit zu bewundern oder doch zumindest wieder herzustellen. Signale helfen da auf dem Weg. Über die schwarze Haut der nackten Kör- per: grellrote Brustwarzen etwa oder sich ins Fleisch krallende Fingernägel. Und die einzelnen Strichlagen und |
gleichsam wogend gegeneinander
ge- setzten Schraffuren vermitteln mehr Sinnlichkeit, als sie die flüssigen Pin- selschwünge herstellen können. |
Die Rheinpfalz , 26.05.2001